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eine Art Anbaugebiet

Neuschnee

Metamorphosisches zum Morgen im Kokon Wort sind eine Fortsätzung

Kein Wort kam von nirgendwo. Herr Koffer löste das Papier von seiner Stiefelsohle. „…wenn der Mantel alt ist, ist er auch kalt.” stand darauf. Es war nur ein Fragment, ein unvollständiger Satz, ein unvollständiger Text. Herr Koffer kannte das Fragment. Er war aufgeregt. Er zitterte. Doch kam es nicht aus der Kälte. Wolken türmten sich über ihm. Inzwischen kannte Herr Koffer auch einige Töne des Himmels und wusste, was die Wolke bringen. Ihre Nuancen waren vielfältig. Da war das Blau der Flüsse, die er überquert hatte auf dem Weg hier herauf. Da war das Gelb der Kornfelder, die ihn flankiert hatten. Da war das große Grau der Felsen, die sich ringsum sammelten. Da war das schwarz der traumlosen Nächte. Da war das Rot des Kleides, unter dem der schöne Rücken so bewegend gemalt hatte. Herr Koffer wähnte das Gesicht des roten Kleides in den Wolken zu erkennen und er wusste, es würde sich Weiß aus ihren Augen ergießen. Augenweiß. Eyeweiss. Aber es würde kein Salz sein, das sich ergießt, Schnee würde es sein. Herr Koffer staunte, dass Wolken, die soviel Töne in sich trugen, weiß hervor brachten. Es linderte das Zittern. In gleichem Maß machte es ihn auch wieder wütend. Denn das Weiß würde ihm weiter den Weg abschneiden hinab ins Tal. Dort wähnte er die Worte, die dem Fragment in seiner Hand fehlten. Aber immerhin, er hatte es in seiner Hand. Er schloss die Augen. Er würde sie geschlossen halten, bis die Wolken endlich ihre Fracht abgeladen hätten. Aber die Ohren konnte er nicht verschließen. Und es drang etwas scheidend in ihn. Ganz tief schnitt es sich ein, wie das Tal zwischen die Felsen geschnitten war. Scharf wie Rasierklingen. Schief wie die Töne, die er manchmal den Saiten des Eierschneiders entlockt hatte, während das ungeborene Leben im Topf kochenden Wassers getanzt hatte. Eyeweiss und Dottergelb. Herr Koffer hielt sich die Ohren zu. Aber die Töne waren bereits tief in ihn eingedrungen, dass er sich nicht wehren konnte. So sehr er auch die Augen zukniff und seine Finger in die Ohren bohrte, es schnitt tief und tiefer. Schließlich ließ er es einfach geschehen. Ließ ab von seinen Ohren, öffnete seine Augen und ließ die Töne schneiden. Wer weiß, dachte er, vielleicht würden sie etwas freischneiden, wie die Sensen im Korn. Fest hielt er die Worte in seiner Hand. Er ging die Schneezeitkreise rückwärts. Es schneite jetzt heftig und bald würden die Zeitkreise verschneit sein. Dann wäre selbst der Weg zu Bokoku unbegehbar. Aber er würde einen Weg finden. Ich finde einen Weg, sagte er, ich finde einen Weg, ich finde einen Weg, immer wieder, ich finde einen Weg. Inzwischen sang er den Satz entgegen den Tönen, denen er sich mit jedem Schritt nährte. Die Worte fest in seiner Hand. So stand er vor Orhans Haus. Die Tür stand offen. Der Wind blies hinein. Schnee trieb ins Haus. Heraus drangen jene Töne. Eindringliche Töne, die Orhan seiner Geige entlockte. Dieser Teufel, fluchte Herr Koffer. Dieser Teufel. Dieser Teufel, schrie er. Er schrie so laut und schneidend, dass Orhan es gehört haben musste. Der spielte ungerührt weiter. Herr Koffer ließ sich von Wind und Schnee ins Haus treiben.

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