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eine Art Anbaugebiet

Bild eines Nerd

Fortsätze mit Bild von Ulrike Wodner

Nachdem Orhan Herrn Koffer geschrubbt hatte mit etwas, das salzig und nach allerlei Kräutern schmeckte, dass Herr Koffer einen Augenblick dachte, Orhan würde ihn als Braten in die Kochmaschine stecken, saßen sie wieder am grob gezimmerten Holztisch, tranken Tee und aßen jenes Trockenbrot, das nach Fenchel, Kümmel und Koriander schmeckte.

– Essen wir das jeden Tag?, fragte Herr Koffer

– Ja, das ist unser täglich Brot., sagte Orhan, die Menschen im Tal backen es für uns. Das Jahr über tragen wir die Laibe hier herauf und sie trocknen in der Luft der Hochebene.

– Ich mag wie die Laiber da so oben unter dem Dach in ihren kleinen Kammern liegen, wie… wie… wie… kleine Mondkapseln, in denen sich Lebewesen ausruhen;- in einem Brotlaib, das ist schön., sagte Herr Koffer.

Die Männer schwiegen wieder, aßen die Brote, indem sie sich Stück für Stück abbrachen. Herr Koffer warf ab und zu einen Blick in das Laibinnere, ob sich nicht doch etwas darin verbarg, das plötzlich zum Leben erwachte. Er spürte ja selbst, wie es ihm ging. Hier oben. Mit Orhan. In der Hütte. Nach dem langen Schlaf und den Träumen, die jetzt auch am Tage auftauchten.

– Was arbeitet in Ihnen?, fragte Orhan.

– Zeit, sagte Herr Koffer

– Nun das tut sie in uns allen., sagte Orhan

– Nein, ich meine Zeitformen, die Zeitformen des Menschen.

– Anthropologie?

– Grammatik.

– Grammatik?

– Grammatik. Hören sie es ist doch nicht richtig: der Mensch pflegt seinen Garten., sagte Herr Koffer.

– Für mich klingt das vollkommen richtig.

– Ja im Präsens mag es so sein. Aber wir können auch sagen: Der Mensch pflegte seinen Garten. Der Mensch wird seinen Garten pflegen. Der Mensch wird seinen Garten gepflegt haben. Das ist doch nicht richtig.

– Irgendwann erreichen wir alle den Gipfel., sagte Orhan

– Nein das meine ich nicht. Alles, was sich verändert, ist das, was wir tun. Hören Sie doch. Der Mensch pflegt seinen Garten. Der Mensch pflegte seinen Garten. Der Mensch hatte seinen Garten gepflegt. Der Mensch und der Garten sind es doch vor allem, die sich verändern, nicht nur das, was wir tun. Aber in der Sprache klingt es überhaupt nicht an. Mensch und Garten bleiben immer gleich. Das ist nicht richtig., sagte Herr Koffer

– Sie wollen Mensch und Garten beugen?, fragte Orhan

– Nein, nicht beugen will ich den Garten und den Menschen erst recht nicht, das macht er schon oft genug allein. Sehen sie mich an. Ich will ihm einen Tempus geben, seinen eigenen Tempus, dass die Veränderung dessen, was wir tun und was die Zeit tut auch am Menschen und am Garten hörbar und sichtbar wird;- in der Sprache meine ich. Dass Mensch und Garten der Natur entsprechen. Veränderung ist doch das einzige, an dem wir Zeit ablesen können. Keine Uhr kann das anzeigen.

– Woher haben Sie eigentlich Ihre Affinität zu Sprachen?, fragte Orhan

– Ich bin… ich war… also… naja Programmierer. So ein Nerd wissen Sie, der den ganzen Tag vor einem Computer hockt. Das sieht für Außenstehende stumpfsinnig aus, sie verstehen es nicht. Aber ich lernte viele Sprachen und Zeichen, die es in der gesprochenen Sprache nicht gibt. Es entstehen wunderschöne Sprachlandschaften. Zumindest finde ich sie schön und Sie können darin reisen, abtauchen und sich verlieren. Vielleicht war… ist… also mein Garten und ich habe mich darin verloren. Deshalb bin ich wohl… also… über alle Berge. Dabei war ich ein richtig guter Nerd. Es gab wohl keinen besseren in der Firma, in der Stadt, im Umkreis.

– Und keinen einsameren, sagte Orhan.

Der mongolische Kater sprang auf Herrn Koffers Schoß.

– Das hat er bei keinem Menschen zuvor gemacht., sagte Orhan.

– Und dann war da diese Frau., sagte Herr Koffer

– Eine Frau? Herr Koffer!

– Es gibt ein Bild von ihr… also von mir… alos mit mir… nicht von uns… oder doch… also das hier.

Männer mit Rollkoffern

– Welcher der Drei zeigt Sie?, frgate Orhan

– Der Vierte., sagte Herr Koffer

– Der Vierte?

– Ja, der, den man nicht sieht.

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