Spielregen

Die Spielregeln waren nur einen Augenblick unaufmerksam gewesen, schon war ihnen ein l verloren gegangen. So ein Ärger aber auch. Das würde Auswirkungen aufs Wetter haben. Die Spielregeln begannen sofort zu suchen: unterm Spieltisch, in der Spielkiste, nirgends war das kleine l zu finden. Es konnte sich aber auch fast unsichtbar machen, so schmal, wie es war, und viel Zeit zum Suchen blieb ja nicht. Es würde mit Sicherheit dem nächsten oder übernächsten Leser auffallen, was passiert war und dann … Oh, weh da ging es schon los. Erst war es nur ein zartes tropfen, dann trommelte der Regen auf die Dächer und weil es ein Spielregen war, machte er sich einen Spaß daraus, nachzulassen, fast aufzuhören, um im nächsten Augenblick wieder regellos loszulegen. Schon waren alle nass bis auf die Haut.

Das kleine l hatte nicht damit gerechnet, dass sein Verschwinden solche Folgen haben würde. Es hatte doch nur ein wenig Verstecken spielen wollen. Selbstverständlich hatte es sich dabei an die Spielregeln gehalten und war so lange nicht aus seinem Versteck hervor gekommen, bis es gefunden wurde. Gefunden von einem Wasserschwall aus dem Regenrohr. Denn genau an der Hausecke hatte es sich versteckt, an der bei Regen eine wahre Sintflut niederging. Es wurde wegespült, das kleine l. Es versuchte noch, sich an einem Stein festzuklammern, wollte sich um einen Grashalm winden, aber das Wasser war zu stark. Es floss auf und davon bis in einen Graben.

Als der Spielregen sich abgeregnet hatte und das Wasser im Graben wieder langsamer dahinfloss, tauchte das kleine l auf. Es holte tief Luft und schüttelte sich. Puh, es musste an Land und sich in der Sonne trocknen, sonst würde es ganz schrumpelig werden. Es schwamm bis ans Ufer, aber leider gab es keine flache Stelle und mit viel Mühe kam es auf trockenes Land. Dann legte es sich zur Mühe und schlief vor Erschöpfung ein. Als es wieder aufwachte, war etwas Seltsames geschehen. Die Mühe hatte das kleine l in sich aufgenommen und nun hatten sie beide viel Arbeit. Tagein, tagaus.