Deserters voice
Fortsätze mit einem Stück von Stephan Ziron und dem Titelbild von Kai W. Reinschmidt
Dificult answer of my prayers war ein unvollendetes Stück und würde es bis an sein Ende bleiben. Bis an sein Ende unvollendet, darin lag die Schwere des Stückes und wiederum in der Schwere schwang seine Leichtigkeit und wiederum in allem sein Widerspruch. Wiederum in ihm lag das Unvermögen Herrn Koffers, eine Note schreiben oder lesen zu können. Er komponierte aus dem Bauch heraus, dass das Stück stets ein Stück anders geriet und in diesem Punkt schlussendlich lag die unvollendete Vollendung, lag die Schwere, lag die Antwort, lag die Kraft, lag das Gebet. Noch und noch und nöcher würde er es herbeten, es hergeben, das Stück geben, dass es der ganzen Welt zu Ohren kommen würde. Herr Koffer verinnerlichte es mit jedem Spiel. Er liebte es zu spielen. Im Spiel war er mit allem im Einklang, im Großen und Ganzen. Mit den Koffern in der Hand summte er sein Stück dazu. Er hatte ja nur zwei Hände und den einen Mund. Er summte, dass er selbst bald zur Mundharmonika geriet. Brust, Bauch, Kopf alles vibrierte, alles war Atem, alles tönte in diesem Klangkörper, in seinem Körper. Der Floh ging mehr und mehr in Schweigen über je tiefer sich Herr Koffer summte. Bald sah Herr Koffer an der Sichtgrenze eine winzige Bewegung. Ursprünglich dachte er an ein Tier. Eine junge Gämse vielleicht, die leichtfüßig über die inzwischen kargen Felsen sprang. Die Bewegung kam ihm entgegen, wie er auf sie zu ging. Die Logik des Reisenden fand kein Ende wie sein Stück und der Tag erging sich in Vergleichen und das Valetta di Ventura zog sich tiefer und tiefer in die mächtigen Berge und ein Stück Unvollendung weiter unten im Tal sah Herr Koffer, dass die Bewegung sich auf zwei Beinen näherte, was nichts an ihrer grazilen Art änderte. Schließlich stand sie vor ihm. Er war überwältigt. Die Bewegung trug wildes, rotes Haar, wild wie der Blick darunter, der ihm noch unzugänglich gegenüberstand. Eine unglaubliche Erscheinung. Unglaublich war sie wie er unmöglich war. Vielleicht eine Fata Morgana oder Ergebnis des Rotweinentzuges, bis plötzlich, sich plötzlich wie vom Blitz gerührt ihre Arme um Herrn Koffer schlangen, der wie vom Donner gerührt stocksteif stehen blieb. Die Bewegung drückte ihn mit großen weichen Händen an ihre Brust und auch ihren Bauch konnte er fühlen. Herr Koffer wusste nicht, was tun. Er würde die Umarmung gern erwidern, doch hielt ihn erstens die Bewegung so eng an die Brust gedrückt, dass er seine Arme nicht lösen konnte, zweitens war es ihm so unmöglich die Koffer abzustellen und drittens waren erstens und zweites Grund genug sich heraus zu winden. Ausreden und Herr Koffer gab sich den Armen hin. Wie viel Zeit war seit der letzten Umarmung gegangen? Hatte es sie gegeben? War sie je Gewesen? Wie konnte eine so winzige Bewegung eine so große Umarmung… ? Herr Koffer hob an zu singen.